Nach einer fünfjährigen El Capitan Kletterpause, mein letzter Besuch im Valley war im Herbst 2013, ist es allerhöchste Zeit wieder Hand an den goldenen Granit Kaliforniens zu legen! Meine Gedanken galten bereits seit der Postzustellung des neuen Yosemite Free Climb’s Kletterführer den Wänden im Yosemite Valley.
Zudem ist bereits seit einiger Zeit ein vierwöchiger Aufenthalt im Valley mit Stephan geplant. Es ist Stephans Traum auf den Spuren der großen Felskletterpioniere unterwegs zu sein. Ausschlaggebend dafür ist das Buch von Reinhard Karl: Klettern im senkrechten Paradies – Yosemite. Eine Motivationsquelle für viele Kletterer mit dem Ziel Yosemite Valley. Mit Stephan die Klassiker zu klettern im Valley klingt für mich nach sehr viel Spaß. Einige der von uns bekletterten Touren kannte ich bereits aus meinen vergangen Aufenthalten andere waren mir neu.
Wir begannen unsere gemeinsame Kletterzeit für mich ganz klassisch mit dem Nutcracker 5.8, gefolgt von der Kor Beck 5.9. Die nächsten Tage vergingen mit Sportklettern und Seiltechniktraining.
Snake Dike Half Dome
Unsere erste richtig lange Tour führte uns zur Snake Dike 5.7 R, ein Klassiker auf dem Half Dome. Der Zu- und Abstieg macht diese Route zu einer eher langen Tagestour. Ein Aufbruch im Morgengrauen sollte uns einen Platz ganz vorne im Snake Dike Gedränge sichern. Die Tour ist sehr beliebt, der Andrang dementsprechend groß. Wie sich am Einstieg herausstellt sind wir bei weitem nicht die erste Seilschaft! Alle Standplätze sind mit Kletterern bestückt, die Kletterbewegungen teilweise zaghaft und langsam. Somit haben wir eineinhalb Stunden Pause am Einstieg bis wir an der Reihe sind. Es ist fast Mittag.
Die Kletterei ist etwas gewöhnungsbedürftig im unteren Teil – extremes plattenschleichen, keine Griffe, keine Tritte, wenig Sicherungsmöglichkeiten, daher das R in der Bewertung. In der Schlüsselstelle übersehe ich dann auch noch den einzigen Bohrhaken. Um die am Einstieg verlorne Zeit wieder gut zu machen klettern wir, Stephan und Stefan, am laufenden Seil gesichert über Rücklaufsperren. Dieses System erlaubt uns rasch voranzukommen und eine Seilschaft zu überholen. Nicht einmal zwei Stunden später binden wir uns aus dem Seil aus, die Kletterei ist beendet. Vor uns liegt ein anstrengender jedoch landschaftlich beeindruckender Plattenaufstieg zum Gipfel. Die Höhe des Half Domes erlaubt es uns auf den El Capitan hinunter zu schauen.
Überglücklich erreichen wir den Gipfel. Zeit für eine ausgedehnte Gipfelrast!
Der Abstieg vom Half Dome ist lang! Die zwei Wasserfälle und der Bach der die Fälle speist sorgen für Abwechslung. Zu unserer Überraschung, konnten wir zwei Schwarzbären unweit des Weges beobachten.
Am Rasttag, der jeder Seilschaft nach so einer Tour zweifelsohne zusteht, konnte ich Stephan motivieren mich auf der Terrace, einem Sportklettergebiet zu sichern. Einige Touren bis 5.12b gelangen mir on-sight – ein erfolgreicher Rasttag!
Free Blast und Tuolumne Meadows
Als nächstes Ziel haben wir den Free Blast 5.11b auserkoren. Wir starten früh, denn es soll auch heute wieder sehr warm werden. Die süd Ausrichtung und der Einstrahlungswinkel auf die Platten lässt unsere Füße schmerzen und die Wasservorräte schwinden. Das hindert uns aber nicht daran unsere erste gemeinsame Klettertour am El Capitan in vollen Zügen zu genießen.
Die extremen Temperaturen die südseitiges Klettern fast unmöglich machen locken uns am nächsten Tag nach Tuolumne zum Stately Plasure Dome. Genussklettern vom feinsten in South Crack 5.9. Unter uns sorgt der Tanya Lake für märchenhaftes Ambiente.
Nach diesen zwei eindrucksvollen Touren macht Stephan einen Rasttag im El Cap Meadow. Ich nutze die Möglichkeit für eine erste gemeinsame Klettertour mit Bernd – Voyager 5.11c am Fifi Buttress.
An diesem Tag gelangen mir zudem die Valley Klassiker: Drive by shooting 5.12a on-sight, sowie 96° in the Shade 512b/c im zweiten Versuch bei fast 96° Fahrenheit im Schatten (96° F sind circa 35 C).
Leaning Tower und Facelift
Der nächste große Punkt für Stephan und mich ist Stephans erste Big Wall. Die Wahl viel wegen der extremen Hitze auf das Leaning Tower West Face. Somit haben wir mit der Hitze erst am Nachmittag zu kämpfen und nicht bereits ab Sonnenaufgang. Problematisch für uns ist nur, dass das Facelift zur selben Zeit stattfindet und man bekanntlich nicht an zwei Orten gleichzeitig sein kann. Wir entscheiden uns nach den ersten vier Seillängen nochmals abzuseilen, um am Abend den Film Free Solo von Alex Honold bei der Facelift Veranstaltung anzusehen. Tags darauf steigen wir auf unseren Fixseilen zu unserem High Point auf und kletterten in der glühenden Hitze bis zwei Seillängen unter dem Gipfel, wo wir unser geplantes Biwak im Portaledge aufbauen. Der Aufstieg zum Gipfel am nächsten Morgen liegt rasch hinter uns. Vor uns der Abstiegsgully mit vielen losen Steinen und zahlreichen Abseilstellen. Mühsam mit dem schweren Haulbag geht es bergab. Das Ziel keinen Steinschlag auszulösen wird auf möglichst wenig Steinschlag korrigiert. Zum Glück sind wir die einzigen die sich im Gully befinden. Um 16 Uhr sind wir zurück im Camp. Nach einer ausgedehnten Dusche und einem sehr guten Steak geht es wieder ins Kino – Facelift Programm. Diesmal steht Dawn Wall von Tommy Caldwell am Programm. Nach seiner ersten Big Wall ist Stephan nur schwer zu beeindrucken und verschläft den halben Film.
Rasttag, Regen, regeneratives Klettern und Heimreise
Die nächsten Tage stehen im Zeichen der Erholung. Darauf folgt drei Tage Regen. Nach dem Regen können wir es kaum erwarten wieder Hand an den perfekten Yosemite Granit zu legen. Wir klettern Serenity – Sons 5.10d, Mr. Natural 5.10c und Sunny Side Bench 5.5. Nebenher klappern wir die Klassiker in den Klettergärten ab. Die Zeit vergeht und schon bald ist es an der Zeit für Stephan zurück nach Österreich zu reisen.
Ich hingegen muss nur das Auto tauschen und habe weitere zwei Monate Zeit kletternd durch den Westen der USA zu streifen.
Hier der Bericht zu den schwereren Klassikern sowie der Freerider Bericht.