Patagonien Poincenot

Gut in El Chalten angekommen, haben wir die ersten Tage bei schlechtem Bergwetter Vorort genossen. Nach einer Woche nichts tun, außer etwas Sportklettern und Bouldern, bin ich bereits etwas unrund.

Das tägliche checken des Wetterberichtes über drei verschiedene Kanäle ist längst zum Ritual geworden. Die Prognosen sind meist mäßig – viel Wind in den Bergen und etwas Niederschlag.

Der Wetterbericht

Für Sonntag den 13. und Montag 14. Dezember sieht es dann etwas besser aus. Fast kein Wind für 36 Stunden, dazu kein Niederschlag. Zeit für Timo und mich in die Berge aufzubrechen! Unsere amerikanischen Freunde die unseren Plan registrierten, kommentieren diesen mit den zwei vermutlich meist gebrauchten Phrasen von Bergsteigern in El Chalten: This is not a “window” it is a “sucker-hole”.
“Window” steht für stabiles Hochdruckwetter für mehrere Tage, und somit klettertaugliches Wetter.
“Sucker-hole”, oder die Ruhe vor dem Sturm, bedeutet grob übersetzt, dass der Wind nachlässt um Luft zu holen und gleich darauf wieder lebhaft bis stürmisch (meist von Nordwest) zu wehen.

Sucker-hole

Wir entscheiden uns dieses so genannte “sucker-hole” bestmöglich für unsere Zwecke zu nützen. Die Aussichten auf Erfolg sind gering. Neben dem Wind hatte es die letzten Tage in den Bergen Niederschlag gegeben, also Neuschnee. Sonntag Mittags starten wir Richtung Paso Superior, dem Ausgangspunkt für unsere Route die Whillans-Cochrane an der Aguja Poincenot. Ein Gipfel der Fitz Roy Gruppe, 3001 Meter hoch. Der Aufstieg zum Paso Superior verlief problemlos. Das Wetter ist sonnig mit wenig Wind. Oben ist es jedoch sehr kalt, genau wie es der Wetterbericht voraussagte. Ich bin sehr froh mich bald ins Zelt verkriechen zu können, während Timo noch Tee für die Nacht und den nächsten Tag kocht.

Poincenot Summit

Mit einem Early Bird um 3 Uhr beginnt der erste Klettertag in den Bergen. Nach einem kleinen Frühstück geht es mit Schneeschuhen zum Einstieg der Whillans Route. Der viele Neuschnee macht die Schneeschuhe zu unserer Superwaffe, ohne sie hätten wir den Einstieg vermutlich nicht erreicht. Das berüchtigte Einstiegsschneefeld überqueren wir schnell über die möglichst sicherste Linie nahe dem Bergschrund. Nun befinden wir uns auch schon im knietiefen Wühlschnee. Die Wühlerei wird zum Begleiter für die nächsten 300 Höhenmeter und, bis zu 70 ° steil. Das kostet Zeit und Energie. Irgendwann liegt der tiefe Schnee jedoch hinter uns und es folgt leichte Felskletterei. Die Linienführung ist nicht ganz eindeutig. Trotzdem kommen wir gut voran und erreichen um 12:00 Mittag den Gipfel der Poincenot.

Abstieg im Sturm

Zeitgleich beginnt sich auch das Wetter wieder zu normalisieren. Wind kommt auf, Wolken ziehen um unseren Gipfel und es beginnt leicht zu schneien. Zeit für den Abstieg. Mit vielen Abseilern gelangen wir zurück bis zur Schneerampe. Es folgen weitere Abseiler die Rampe hinunter bis zum Bergschrund. Von dort geht es mit den Schneeschuhen zurück zum Paso Superior. Dort kochen wir uns eine Suppe. Lange hält es uns nicht, da der Wind wieder sehr stark eingesetzt hat. Es folgt der weitere Abstieg. Zuerst zur Laguna de los Tres, und von dort sind es noch zehn Kilometer bis nach El Chalten. Um 23 Uhr erreichen wir müde unsere Unterkunft. Ein langer Tag in den Bergen geht zu Ende.

Die Amerikaner hatten Recht, es war kein “window”, wir konnten dieses “sucker-hole” jedoch gut nutzen.